Wie baut man einen Spielplatz? - Kita kinderzimmer Hamburg

Wie baut man einen Spielplatz?

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Interview: Catharina König | Foto: Bernd Westphal

Herr Nelson-Jahr, Frau Bojak – was haben Sie als Kind am liebsten auf dem Spielplatz gemacht?

Claus Nelson-Jahr: Haha, das ist bei mir ja schon eine Weile her. Aber Schaukeln, Rutschen und Klettern mussten schon sein!

Silke Bojak: Viel mehr haben die Spielplätze zu der damaligen Zeit auch nicht hergegeben …

Nelson-Jahr: Ich kann mich auch daran erinnern, dass ich früher in den Baugruben von einem Neubaugebiet gespielt habe. Mit dem Sand darin habe ich gebaut, und wir haben da sogar mal ein eigenes Kinderhaus errichtet.

Bojak: Rutschen war mir wichtig. In der Nähe unserer Wohnung gab es einen Erdhügel, dort sind wir im Winter rodeln gegangen. Im Sommer spielten wir dann auf den Brachflächen.

Das klingt sehr naturnah – was zeichnet denn Spielplätze heutzutage aus? Müssen die mehr sein als Rutsche, Schaukel, Klettergerüst?

Nelson-Jahr: Also sie müssen sehr individuell sein, und da der Platz immer kleiner wird, auch mehr Anreize bieten. Wenn man sieht, wie viele Kinder auf einer stark genutzten Fläche spielen, auch im Hinblick auf die – Sicherheitsauflagen, ist es unsere Aufgabe, möglichst kreative Spielplätze zu gestalten.

Wie geht man an die Aufgabe ran, einen Spielplatz für eine Kita zu entwerfen?

Bojak: Man muss sich das Gebäude ansehen und die Umgebung – wie sind die Gegebenheiten? Was befindet sich drum herum, gibt es überregionale Bezüge, oder ist es sogar ein geschichtsträchtiger Ort? An der Landwehr, wo früher tatsächlich mal eine Wehranlage war, kann man hier ansetzen und zum Beispiel einen Spielplatz entwerfen, der einem Fort oder einer Burg nachempfunden ist. So bekommt man anhand eines großen Themas ein einheitliches Bild. Für die Kinder ist das dann ein toller Ort, um zum Beispiel Ritter, Räuber und Gendarm oder auch Cowboy zu spielen.

Nelson-Jahr: Manch ein Spielplatz wird aber auch auf dem Dach eines Supermarkts geplant. Das sind eher Kunstlandschaften, die dann ein eigenes Thema haben, welches wir selbst entwickeln. Bei einer Kita in Bergedorf in der Nähe einer Sternwarte beispielsweise gibt es den Vorschlag, eine Sternenwelt zu erschaffen.

Bojak: Manchmal sagen aber auch die Auftraggeber, was sie toll finden, und machen eigene Vorschläge. Auf einem Dach zum Beispiel hat man nicht immer die Möglichkeit, eine Spielwelt aus natürlichen Stoffen zu schaffen oder üppig zu bepflanzen, da muss man gucken, wie man im Rahmen der Gegebenheiten trotzdem eine Landschaft anhand eines Themas entstehen lässt, die Kinder zum Spielen und ihre Fantasie anregt.

Dabei gibt es ja strenge Vorgaben. Wie etwa, dass sechs Quadratmeter Spielfläche pro Krippenkind vorhanden sein müssen.

Nelson-Jahr: Genau, und es gibt ja nicht nur die Krippenkinder, sondern auch noch die Elementarkinder. Die können zwar auch außerhalb in einem Park spielen gehen, aber natürlich sind die auch mal auf dem Kitagelände. Und da ist es unsere Aufgabe, eine Spiellandschaft zu entwickeln, die sowohl für die Kleinen als auch für die Drei bis Sechsjährigen geeignet ist.

Bojak: BeideGruppenhabenunterschiedlicheBedürfnisse. Da sind auch die motorischen Fähigkeiten andere.

Und wie wird man denen dann gerecht?

Nelson-Jahr: Es gibt natürlich Spielgeräte, die sich auch für etwas größere Kinder wunderbar eignen. Wie zum Beispiel Hängematten oder Netzschaukeln – die werden von den Großen ja ganz anders genutzt. Die stehen auf den großen Schaukeln und schwingen selbst hin und her, während die Kleinen meist drinliegen und sich Anschub geben lassen. Die Älteren machen oft Rollenspiele – auch dazu muss die Welt, die wir erschaffen, einladen. In der Höhe der Rutschen sind wir dann begrenzt, weil sich die kleinen Kinder da nicht verletzen dürfen. Und man kann Spielgeräte schaffen, wo die Kleinen gar nicht draufkommen.

Haben Sie ein Beispiel?

Bojak: Bei Rutschen ist es etwa so gelöst, dass die unterste Stufe so hoch anfängt, etwa bei vierzig Zentimetern, dass die Kleinen da ohne Hilfe gar nicht hochkommen.

Manchmal bleibt einem als Eltern das Herz stehen, wenn die Kleinen anfangen zu klettern. Haben Sie die Gefahren im Kopf, oder sind auf Spielplätzen bewusst Herausforderungen eingebaut?

Bojak: Es bestehen, wie bei dem Rutschenbeispiel, auch bauliche Grenzen zwischen Krippenkindern und Ele- mentarkindern. Jedes Spielgerät ist TÜV-geprüft, und die Geräte haben Sicherheitsbereiche, die eingehalten werden. Außerdem gibt es sogenannte Fallschutzflächen, die sicherstellen, dass ein Kind im Falle eines Sturzes auf Sand, Fallschutzkies, einen weichen Kunststoffbelag oder Kunstrasen fällt.

Nelson-Jahr: Es werden Herausforderungen für Kinder, aber natürlich keine Gefahren eingebaut.

Testen Sie Ihre Spielplätze selbst? Oder lassen Sie sie testen von Ihren Kindern?

Nelson-Jahr: Meine Kinder sind schon erwachsen. Aber als sie im Spielplatzalter waren, hat es mir natürlich be- sonders Spaß gemacht zu planen. Und ich habe sie früher tatsächlich mal zum Testen mitgenommen und alles ausprobieren lassen. Bei jetzigen Projekten fahren wir zwischendurch vorbei und schauen uns an, was viel bespielt wird und was vielleicht weniger.

„Wo es möglich ist, bringen wir Natur und Pflanzen ein.“

Was macht die neuen Spielplätze der Kita kinderzimmer so besonders?

Nelson-Jahr: Die Kita kinderzimmer ist ja sehr modern und zeigt eine sehr bunte Welt. Die besonderen Farben wollen wir, wo es geht, bei den Spielgeräten und den Belägen natürlich aufnehmen. Und wo es möglich ist, wollen wir auch Natur und Pflanzen einbringen. Wir planen jeden Spielplatz ganz individuell und passen ihn den Gegebenheiten und der Architektur an. Und bisher gehen uns die Ideen nicht aus (lacht).

Welche Rolle spielen denn Farben bei der Gestaltung eines Spielplatzes?

Bojak: Das hängt wiederum auch vom Ort ab. Bei einem Spielplatz auf einem Dach, der von anderen Gebäuden umgeben ist, besteht eher das Bedürfnis, eine klare Farbigkeit in die Flächen der Außenanlagen und Spielgeräte reinzubringen. Sind wir naturnaher und beziehen den umgebenden Gehölzbestand ein, kann es auch gut sein, dass man den Spielgeräten ein unbehandeltes, natürliches Aussehen lässt und sie sich so mehr in die Umgebung eingliedern.

Nelson-Jahr: Bei einem Dach steht eine blaue Fläche zum Beispiel für Wasser, grün für Erde und sandfarben für eine Insel. Da können die Kinder dann zum Beispiel Robinson Crusoe spielen oder von Insel zu Insel springen. Bei geradlinigeren Flächen bringen wir durch die Farben eine Buntheit hinein. Die Farben der Kita kinderzimmer tauchen dann beispielsweise wieder in den Spielgeräten auf.

Wie lange braucht es denn, um einen Spielplatz zu planen und zu bauen?

Nelson-Jahr: Mindestens ein halbes Jahr, und das ist sehr knapp. Allein die Spielgeräte anzufertigen dauert teilweise drei bis fünf Monate. Also rund ein Jahr kann es schon dauern von der ersten Handskizze bis zum fer- tigen Spielplatz.

Bojak: Wir stimmen unsere Entwürfe auch immer noch mal intensiv mit den Spielgeräteherstellern ab.

Viele Spielplätze scheinen, aufgrund der städtischen Verdichtung, auf Dächern zu entstehen. Da gibt es bestimmt eine Menge sicherheitstechnische Aspekte zu beachten.

Nelson-Jahr: Ja, da gibt es unter anderem statische Auflagen. Auf einem Dach mussten wir die Sandflächen reduzieren, weil es sonst zu schwer geworden wäre, wir müssen uns da eng mit Statiker und Hochbauarchitekt abstimmen. Außerdem müssen Sonnensegel aufgebaut werden, die den Kindern Schatten spenden. Alles, was verbaut ist, ist außerdem aus nicht oder schwer brennbaren Materialien hergestellt.

Bojak: Dann kommt noch hinzu, dass die Entwässerung beachtet werden muss, die Umzäunung muss mindestens 1,60 Meter hoch und so ausgeführt sein, dass die Kinder nicht hochklettern oder etwas runterwerfen können.

Das Thema Sicherheit ist gerade bei Spielplätzen sehr wichtig.

Nelson-Jahr: Hier stimmen wir uns von Beginn an mit allen relevanten Stellen und zum Beispiel Unfallversicherern ab, um den Kindern ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten. Eltern brauchen sich da keine Sorgen zu machen.

Bojak: Es muss zum Beispiel geklärt sein, wo die Rettungswege sind, Ausgänge oder Treppen, die besonders gesichert werden müssen. Abdichtungen von Lichtschächten, Abtrittrosten und Rinnen.

Nelson-Jahr: Zäune und Einfriedungen spielen auch eine große Rolle.

Bojak: Und dann gibt es noch die Fingerfangstellen, Fußfangstellen oder Kopffangstellen.

Die was? Fangstellen?

Bojak: Das ist das Prinzip: Wenn eine Öffnung groß genug ist, stecken Kinder gerne mal Finger, Fuß oder oft ja sogar den Kopf durch. Und bei vielem geht zwar etwas rein, aber nicht mehr raus. Dieses Risiko müssen wir ausschließen, indem wir darauf achten, gewisse Abstände zwischen verschiedenen Bauteilen einzuhalten.

Welche Klassiker müssen auf jeden Spielplatz?

Bojak: Schaukel, Rutsche, Klettergeräte und Sandkasten sollten schon sein.

Nelson-Jahr: Wobei es mit Schaukeln auf dem Dach schon schwierig wird, weil das von der Statik her nicht funktioniert. Aber wichtig sind auch freie Bewegungsflächen, wo die Kinder einfach laufen oder Rollenspiele machen können. Das sind alles wichtige motorische Grunderfahrungen, die Kinder auf einem Spielplatz machen.

„Ich stelle mir vor, wie es ist, sich als Kind zu bewegen.“

Wie bringen Sie die Spielplatzplanung denn mit den motorischen Fähigkeiten von Kindern in Einklang?

Nelson-Jahr: Wir haben ja eine altersgemäß eingeschränkte Nutzergruppe, da weiß man, was die können und was sie noch lernen in der Zeit. Da gehen wir natürlich drauf ein. Eine riesige Spielanlage wird Krippenkindern zum Beispiel gar nicht gerecht.

Und wie viel Kind steckt in Ihnen als Spielplatzplaner?

Bojak: Ich muss mich schon hineinversetzen in das, was Kinder toll finden könnten.

Nelson-Jahr: Ich bin neugierig und probiere gerne neue Dinge aus, wie besondere Spielgeräte oder auch von uns geplante und realisierte Spielanlagen, und freue mich besonders, wenn ich sehe, wie diese dann tatsächlich durch die Kinder genutzt werden. Schon bei der Planung eines Spielplatzes überlege ich mir, wie die fertigen Spielgeräte in der Gesamtanlage einmal aussehen werden. Ich stelle mir vor, wie es ist, sich als Kind zu bewegen: über eine wackelige Brücke zu laufen, einen kleinen Kletterturm zu erklimmen oder im warmen Sand zu spielen.