Natur und Umwelt
Wie viel Sonne braucht mein Kind?
Kinder sollten eingecremt werden. Das ist richtig und wichtig â aber darĂŒber sollte nicht vergessen werden, dass jeder Mensch die Sonne braucht.
Text: Christian Heinrich | Foto: Sonja Tobias
Es stimmt, die Sonne kann gefĂ€hrlich sein, Sonnenbrand, HautschĂ€den, die Konsequenzen sind bekannt. Und besonders junge Haut ist Ă€uĂerst empfindlich, deshalb sollten insbesondere Kleinkinder am besten gar nicht ungeschĂŒtzt der Sonne ausgesetzt sein. In der Kita achten wir darauf, dass es fĂŒr jedes Kind genug Sonnencreme gibt. Vor dem Ausflug oder auch nur vor dem Spielen drauĂen werden die Kinder im Sommer eingecremt oder cremen sich selbst ein. Alles richtig.
Aber die Vorsicht dominiert zurzeit vielerorts derart, dass darĂŒber vergessen wird: Wir alle â Kleinkinder, Jugendliche, Eltern, Senioren â brauchen das Tageslicht der Sonne. Ausgerechnet die UV Strahlung, genauer gesagt die UVB Strahlung, ist wichtig fĂŒr die Bildung von Vitamin D, das im Körper nicht nur fĂŒr feste Knochen eine wichtige Rolle spielt. Studien zeigen, dass eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D im Kindesalter das Risiko zahlreicher Erkrankungen senkt, darunter Allergien, ImmunschwĂ€che und Diabetes. Aber die Sonne regt nicht nur die Bildung von Vitamin D an â sie macht, das wissen wir alle aus eigener Erfahrung, auch glĂŒcklich! Denn trifft Sonnenlicht auf die Haut, wird im Gehirn das GlĂŒckshormon Serotonin ausgeschĂŒttet. Serotonin sorgt fĂŒr eine gute, ausgeglichene Stimmung und vertreibt Ăngste. AuĂerdem fĂŒhren lange Sonnentage dazu, dass die sogenannte ZirbeldrĂŒse im Gehirn weniger vom mĂŒde machenden Melatonin ausschĂŒttet. Entsprechend sind Kinder â und auch Erwachsene â an langen Sommertagen aktiver als in den dunklen Wintermonaten.

Weil wir Menschen Sonnenlicht brauchen, kann es auf ganz verschiedenen Ebenen Probleme verursachen, wenn wir zu wenig davon bekommen. So gibt es in China und SĂŒdkorea ĂŒberdurchschnittlich viele kurzsichtige Kinder. Der Grund: Die Kinder beginnen vergleichsweise frĂŒh â das Klischee stimmt! â mit dem Lernen, spielen weniger drauĂen und hantieren stundenlang an Tablets und Smartphones. Weil das meist drinnen geschieht, bekommen ihre Augen nicht genĂŒgend Tageslicht â und sie werden eher kurzsichtig.
Der Umgang mit dem Sonnenlicht ist also nicht nur Licht und Schatten, sondern wie immer etwas dazwischen. Entsprechend sollte man seinem Kind die Sonne nicht vorenthalten, aber das Kind auch nicht unbegrenzt der Sonne ausliefern. Die Deutsche Gesellschaft fĂŒr Kinder und Jugendmedizin gibt je nach Lebensalter unterschiedliche Empfehlungen fĂŒr eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D. Babys etwa dĂŒrfen noch gar nicht in die pralle Sonne, sie sollten deswegen ab der zweiten Lebenswoche bis zum zweiten FrĂŒhsommer ein VitaminDPrĂ€parat bekommen. Ab dem Kleinkindalter â also ab dem ersten Geburtstag â sollten sich Kinder tĂ€glich aber mindestens eine Stunde intensiv im Freien bewegen. Gut eingecremt, natĂŒrlich! Und wenn Kinder an schattigen PlĂ€tzen spielen, umso besser. Denn im Sommer kann die Sonne ihre wohltuende Wirkung auch im Schatten entfalten. Hauptsache, drauĂen!