Soziale und kulturelle Umwelt
Warum mobben Kinder?
Wie Du Mobbing erkennst und was dann zu tun ist. Strategien zur Vermeidung und Begleitung von Konflikten.
Mobbing: Gibt es das schon im Kindergarten?
Text: Daniela Frank
Hänseln, ärgern, piesacken – unter Kleinkindern geht es nicht immer nur harmonisch zu. Was Eltern tun können, wenn ständig Konflikte auftreten.
„Geh weg, ich wollte gerade schaukeln!“ – „Nein, jetzt bin ich dran!“, tönt es auf dem Spielplatz. Kinder streiten häufig. In vielen Fällen auch lautstark und tränenreich. Streit ist notwendig. Denn Kinder lernen in der Auseinandersetzung, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse mit denen anderer in Beziehung zu setzen. Außerdem können sie dabei die Erfahrung machen, dass Konflikte lösbar sind.

Doch wie sollen sich Eltern verhalten, wenn sie mit kleinen Streithähnen konfrontiert sind? Grundsätzlich gilt: Wenn Kinder einen Konflikt allein klären können, sollte man sich eher raushalten. Können sie es nicht, helfen Erwachsene am besten mit Konfliktbegleitung. Dazu erklären Sie beiden Kindern die Position des jeweils anderen, zum Beispiel: „Lukas, die Marie freut sich gerade, dass sie so hoch schaukeln kann, und will noch nicht aufhören.“ Oder: „Marie, der Lukas möchte unbedingt auch mal schaukeln. Wie können wir das Problem lösen?“ Mithilfe von Impulsen bringen Sie die Kinder dazu, selbst eine Lösung zu finden. Doch natürlich gibt es auch Konflikte, bei denen es nicht nur um Meinungsverschiedenheiten geht: wenn ein Kind gezielt ein anderes ärgert.
Kommt das Kind unter Tränen vom Kindergarten nach Hause, machen sich viele Eltern Sorgen: Muss ich sofort eingreifen? Reagieren Sie am besten besonnen. Weint das Kind, fragen Sie zunächst, was das Kind bedrückt. „Eltern sollten immer einen guten Kontakt zum Kind pflegen und ein Vertrauensverhältnis aufbauen“, sagt Dr. Andreas Schick, Diplompsychologe und Mitentwickler des Gewaltpräventionsprogramms „Faustlos“ für Kindergärten und Schulen. Sie bleiben mit Ihrem Kind im Gespräch, indem Sie zum Beispiel täglich fragen: „Wie war es denn heute im Kindergarten? Was habt Ihr gemacht?“ So bekommen Sie Einblick in die Rolle Ihres Kindes in der Gruppe. Zudem merkt das Kind, dass Sie interessiert sind, und öffnet sich eher, wenn etwas Bedrückendes geschehen ist. Dann können Sie die genaueren Umstände erfragen und beurteilen, wie schwerwiegend das Problem ist.
Sind Kinder über längere Zeit in der Opferrolle – werden sie also häufig beleidigt, gepiesackt, gehänselt oder sogar geschubst und gehauen –, können sie entweder still und traurig oder aggressiv werden. Außerdem leiden betroffene Kinder oft unter Kopf- oder Bauchschmerzen, schlafen schlecht, sind Bettnässer oder gehen nicht mehr gern in den Kindergarten. „Mobbing beziehungsweise Bullying kommt auch schon im Kindergarten vor“, sagt der Familienpsychologe Schick. „Es tritt jedoch in der Regel erst bei Vorschulkindern auf.“ In jedem Fall sollten Bezugspersonen sich dem Kind zuwenden und Dinge ansprechen, die das Kind besonders gut kann. Das stärkt sein Selbstbewusstsein.
„Wichtig ist, die Sicht der Erzieher und Erzieherinnen einzuholen.“
Um die Situation in der Kindergartengruppe zu verbessern, wenden Sie sich in jedem Fall zunächst an das Kindergartenpersonal. „Wichtig ist, erst die Sicht der Erzieher und Erzieherinnen einzuholen und Fakten zu sammeln“, rät Schick. Wenn Eltern direkt anklagen, kann das leicht ein Schuss nach hinten sein. Denn die oben genannten Symptome können auch andere Ursachen haben, beispielsweise Probleme in der Familie. Bestätigen die Erzieher oder Erzieherinnen den Verdacht, können diese das Thema auf kindgerechte Weise in der Gruppe ansprechen und eine direkte Konfrontation vermeiden. „Die Erzieherinnen überlegen sich zum Beispiel ein Projekt oder eine Gesprächsrunde zum Thema Hänseln“, so Schick. „Fragen wie ,Wer von Euch kennt das?‘ oder ,Was kann man dagegen machen?‘ bringen die Kinder zum Nachdenken, ohne dass eines als Opfer hingestellt wird.“
Und was passiert mit den Tätern? „Du stinkst“, ruft zum Beispiel ein Kind durch den vollen Raum, um ein anderes bloßzustellen. Das Kind kurzerhand gehörig auszuschimpfen ist kontraproduktiv. Denn solchen Kindern geht es oft selbst nicht so gut. Sie handeln nach dem Prinzip „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ und quälen deshalb andere. Wie auch bei den Opfern sollte man auf das Kind eingehen und seine Stärken herausstellen. Wer Komplimente dafür bekommt, etwas besonders gut zu können, wird sich darauf konzentrieren. Das Kind fühlt sich wohl und erzählt ganz von selbst von seinen Problemen. Es bleibt dabei, entscheidend ist: die Stärken von Kindern zu stärken, damit sich ihre Schwächen abschwächen.
Dieser Text erschien zuerst im Magazin „Baby und Familie“ aus dem Verlag Wort & Bild. Er wurde für das kiziPendium redaktionell bearbeitet.