Soziale und kulturelle Umwelt
Hat mein Kind eine Maise?
Manchmal sieht ein Kind, was Du nicht siehst. Viele Kinder haben einen imaginÀren Begleiter. Ein Grund zur Sorge ist es nicht. Im Gegenteil.
Mein unsichtbarer Freund.
Text: Doris Heueck-MauĂ Foto: I Like Birds
âUnser vierjĂ€hriger Sohn hat seit Kurzem einen unsichtbaren SpielgefĂ€hrten. Wenn wir ihm diesen Freund ausreden wollen, wird er wĂŒtend. MĂŒssen wir uns Sorgen machen?â

Internationale Studien sagen, dass 37 Prozent der Kinder zwischen drei und sieben Jahren eine Weile mit einem imaginĂ€ren Freund zusammenleben. Ihre Freunde entstehen in der Fantasie, sie sind mal bĂ€renstark und schlau, mal keck und klein, aber immer unsichtbar. Andere Kinder beseelen zusĂ€tzlich ihre Stofftiere oder GegenstĂ€nde, mit denen sie reden und streiten, die sie stĂ€ndig begleiten und schĂŒtzen. Ein Ball im Wasser kann ein Delfin sein, ein Stock ein Pferd. Kommt ein Erwachsener hinzu, ist es sofort wieder der Stoffhase, Stock oder Ball. Das Kind wechselt blitzschnell zwischen seiner Fantasiewelt und der RealitĂ€t.
Ihr Kind âspinntâ also nicht, es ist vielmehr eine ganz normale Entwicklung, es zeugt sogar von Intelligenz, in diesem Alter zwischen Vorstellung und realer Welt umdenken zu können. Ihr Kind erfindet einen Fantasiefreund, der nicht immer ein Mensch sein muss. Diese Figuren entstehen entweder ganz in der blĂŒhenden Einbildungskraft oder werden durch Geschichten angeregt. Der eingebildete Freund begleitet Ihr Kind nun Tag und Nacht, er muss sich nicht an Regeln halten, tut Dinge, die man niemals mit Mama oder Papa machen kann (zum Beispiel mit einem Einhorn durch den Wald reiten), er schĂŒtzt das Kind oder ermutigt es. Gerade Einzelkinder suchen sich hĂ€ufig einen Freund, der immer bei ihnen ist.
Wir Erwachsenen leben stĂ€ndig in einer realen Welt, es fĂ€llt uns hĂ€ufig schwer, uns auf die âverrĂŒcktenâ Ideen unserer Kleinen einzulassen. Gehen Sie auf den unsichtbaren Freund ein, und lassen Sie ihn erzĂ€hlen. So können Sie erfahren, was Ihr Kind bewegt, wovor es Angst hat, was es sich nicht zutraut oder wie es gern wĂ€re. Eher schĂŒchterne Kinder werden sich einen starken Freund aussuchen. GroĂstadtkinder mit wenig Platz zum Toben suchen manchmal in ihrer Vorstellungskraft ein freieres Leben. Dieses unsichtbare Wesen begleitet Ihr Kind durch dick und dĂŒnn und hilft dabei, die Welt auĂerhalb des Elternhauses mit all den Gefahren, Verboten und Geboten zu bewĂ€ltigen. Manche Kinder entwickeln sogar ihre eigene Fantasiestadt, mit einer eigenen Sprache oder eigenem Geld. In der Kindertherapie werden schĂŒchternen, Ă€ngstlichen oder auch auffallend aggressiven Kindern diese Fantasiewesen manchmal als Helfer und BeschĂŒtzer zur Seite gestellt.